A. und ihr Eisprung

Ich treffe Anna, die natürlich nicht wirklich Anna heisst (aber der Name eignet sich so gut, finde ich) , in der Stadt. Wir laufen uns zufälligerweise über den Weg und teilen zuerst die üblichen Nettigkeiten aus: Gut siehst du aus. Danke, du auch. Das Rot deiner Haare steht dir gut ! Coole Stiefel, wo hast du die gekauft ?
Wir haben beide Zeit und beschliessen, die inhaltvollen Gespräche bei einem Cappucchino weiter zu führen. A. erzählt mir spannende Details aus ihrem Leben. Sie ist wieder Single und geht in drei Minuten die vergangenen Liebschaften durch, von denen ich keinen einzigen je zu Gesicht bekam. Vermutlich waren sie nie länger als drei Wochen bei ihr. bistro
Sie ist mitte dreissig und im hormonellen Korsett, die von der Angst bestimmt wird, dass ihr Eisprung bald einmal nicht mehr spontan ist und die Cellulitis sich nicht mehr für zweihundert Franken sie Stunde wegmassieren lässt. Ihre Lover wurden auf Herz und Nieren und passendes Testosteron geprüft, flohen aber, als die Autos von ihr nicht mehr nach PS gemessen wurden, sondern nach der Grösse des Kofferraums: Da muss gut ein Kinderwagen reinpassen, weisst du ? Was ja nicht wirklich schlimm wäre, wenn sie ein passendes männliches Pendant haben würde, dessen gefühlte Uhr genauso tickt.
 
-Und dein Job ? Wie stellst du dir das vor, so mit Kind ?
-Ist das dann alleine mein Problem ? Nein. Der Vater kann ja dann auch…
 
Modern. Sagt sie. Teilen von Job und Windelnwechseln. Jobsharing. Auch das nicht wirklich ein Problem, wäre denn ein optimaler und williger, zukünftiger Vater wenigstens in Sicht. Aber da ist nicht mal in weiter Ferne etwas.
Wir nippen am Kaffee, während A. mit ihrem Schlüsselbund spielt. Ein aaachhh soo sssüüsssses wollenes Schaf aus einer Spielzeugabteilung. Ist sie nicht mehr bei Sinnen oder fällt sie durch ihren intensiven Kinderwunsch selber in eine Kindheit zurück ?
 
-Ich will meinen 35. Geburstag im Gebärsaal feiern !
-Wirklich ? Du bist doch im Sternzeichen Krebs geboren.
-Ja. Und ?
-Dann müsstest du dich beeilen. Dir bleiben dazu knappe sechs Monate.
 
Anna ist eine wandlende Gebärmutter, die verzweifelt auf der Suche nach einem Samenspender herumtorkelt. Vielleicht sollte ich sie mal ein Wochenende in villa lila einladen. Damit sie sehen kann, was aus aaachhh soo sssüüssssen Babies wird, wenn sie gross sind. Sie muss gehen, konsultiert kurz ihren Terminkalender und weg ist sie. Schade. Gerade als sie ging, kam ein wunderbares, passendes Exemplar der Spezies Mann ins Bistro.
Pech für sie. Dann nehme ich ihn eben mit.